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Braucht die EU eine Verfassung?


08.01.2007 - 09.56 Uhr

Nicht das "ob", das "wie" ist die Frage...

Reiner Marz

Roger Köppels sogenannte Contra-Position ist eigentlich ein überzeugendes Plädoyer für eine europäische Verfassung, zeigt er doch überzeugend bis zur letzten Konsequenz auf, was passiert, wenn wir eine Europäische Union haben ohne formal abgesicherte politische Legitimation, ohne verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutz und ohne Eigenidendität einer europäischen Bürgergesellschaft.. Wie insbesondere so etwas wie eine europäische Idendität auch über einen Verfassungsprozess befördert werden könnte, diese Frage lassen jedoch beide Autoren völlig ausser Acht. Dabei ist sie von zentraler Bedeutung für die Zukunft Europas.

Der bisherige Verfassungsentwurf (der ja keiner ist, sondern ein Bündel multilateraler Verträge) krankte ja nicht nur an seiner Komplexität (daran auch!), sondern auch und insbesondere an den Umständen, unter denen er Realität werden sollte: In nationalen Abstimmungen (entweder der Bürgerinnen und Bürger oder der Parlamente) sollte eine europäische Verfassung legitimiert werden. Das musste deshalb schief gehen, weil das Verfahren geradezu danach schreit, für nationale Auseinandersetzungen missbraucht zu werden, um dann selbst unter zu gehen. Gerade Frankreich hat in dieser Hinsicht eine lange Tradition und deshalb war es nichts Neues, dass der französische Präsident über eine europabezogene Abstimmung seine nationale Position festigen wollte. Nur dieses Mal hat er sich verschätzt und damit im Vorbeigehen den Verfassungsprozess zu Fall gebracht.

Die einzige Möglichkeit, so etwas in Zukunft zu vermeiden, besteht in einem europaweit durchgeführten und europaweit zählenden Verfassungsreferendum. Nur dies würde alle Akteure in einen europäischen Wahlkampf zwingen, in eine europäische Debatte und in ein europäisches Ergebnis mit idenditätsstiftender Wirkung (vielleicht!).




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