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Wen schützt die EU - Märkte oder Menschen?


28.12.2006 - 17.50 Uhr

Bisherige Entwicklung der EU beispielgebend

Horst Grützke

Diese EU war bisher ausschließlich eine europäische Wirtschaftsgemeinschaft, in der die Wirtschaft "geschützt" wurde, d.h. gleiche Bedingungen für eine faire Konkurrenz und damit für einen gesunden Aufschwung vorfand. Diese Bedingungen brachten es mitsich, dass neu in die EU eintretende Länder mit einem bisher sehr niedrigen Lebensstandard (Wirtschafts- und Sozialstandard) nach relativ geringer Zeit den Anschluss an die "tonangebenden" Mitgliedsländer fanden. Beste Beispiele waren und sind Portugal und Irland. Andere "alte" Mitgliedstaaten reduzierten dagegen bisherige Sozialsysteme, so dass sie gar nicht mehr als beispielgebend wirken können. Das trifft nicht nur sichtbar auf Deutschland zu, sondern auch auf andere Staaten, die eisern der neoliberalen Politik folgen.
Dieses Aufholen rückständiger neuer Mitgliedstaaten durch eigene Kraft war vor allem durch einen sich in Europa herausgebildeten "Wert" möglich, den man ganzt einfach mit "Solidarität" bezeichnen kann. Die Anwendung dieses Wertes erfordert aber auch, dass die sogenannten "Nettozahler" den sogenannten "Nettoempfängern" über die Umverteilungspolitik der Kommission konkrete finanzielle Hilfe leisteten und leisten. Übrigens erhielt auch der Nettozahler Deutschland nach dem "Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland" wesentliche finanzielle "Hilfe" durch die EU, wurde also Nettoempfänger.

Die Frage kann also nur so beantwortet werden: Die EU schützt den noch Schwachen und das sind in erster Linie die Bürger der Mitgliedstaaten. Der Schutz der "Märkte", also der darin wirkenden wirtschaftlichen Kräfte, ist darüber hinaus auch ein Schutz der Bürger, die in diesen "Märkten" leben. Dies aber muss durch eine sich auf europäische Werte stützende Verfassung explizit zum Ausdruck gebracht werden, sonst würde auf längere Sicht das Profitdenken das sagen haben und für den Bürger nichts "übrig bleiben".

Genau das ist die Lösung: Jeder neue Mitgliedstaat muss vor seiner Aufnahme in die EU nachweisen, dass er mindestens die Sozialstandards von Dänemark, Holland oder Deutschland erfüllt; bereits aufgenommene Mitgliedstaaten, müssen den Nachweis innerhalb der nächsten zwei jahre führen -und zwar aus eigener Kraft, ohne EU-Subventionen. Damit würden wir nahezu sämtliche EU-Probleme lösen: Da kein neuer Staat mehr Mitglied würde und die meisten Nettoempfänger wieder ausgeschlossen würden, entfielen die Milliardensubventionen für die neuen Mitgliedstaaten. Damit wäre es vielleicht sogar möglich, dass der seit mehr als 40 Jahren größten EU-Nettozahler, nämlich Deutschland, sein Geld im eigenen Land einsetzt. Dann könnte Deutschland die 13 Mrd. Euro, die es durchschnittlich seit 1965 Jahr für Jahr mehr in die EU-Kasse einzahlt als sie wieder herausbekommt, dafür verwenden, dass Lehrer eingestellt und nicht durch aufsichtführende Eltern ersetzt, Schulen nicht mehr von Eltern gesäubert und gestrichen werden müssen. Vielleicht könnte man dann soagr das Nahverkehrssystem einiger deutscher Großstädte auf den Stand von z.B. Lissabon bringen, wo mit EU-Geldern zwischenzeitlich eines der modernsten Nahverkehrssysteme operiert. Also, höchste soziale Standards für Europa!




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