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Braucht die EU eine Verfassung?


30.01.2007 - 20.40 Uhr

Übertragung von Zuständigkeiten

Harakiri (Pseudonym)

Harakiri (Pseudonym)

Nach Teil I Art. 1 des Vertragstextes übertragen die Mitgliedstaaten eigene Zuständigkeiten zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele auf die EU , welche diese Zuständigkeiten dann ausübt usw.
Die Bundesrepublik wurde vertreten durch den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und den Bundesaußenminister, also von Personen, die nur für einen bestimmten Zeitabschnitt in ihre Stellung als Staatsorgane gewählt wurden. Da nun aber alle Gewalt vom Volke ausgeht (Stichwort Volkssouveränität) , können nicht Teile davon unter der Bezeichnung "Zuständigkeit" von nur auf Zeit gewählten Organen auf Dritte übertragen werden, womöglich auch noch auf Dauer und unwiderruflich.
Dazu fehlt den erwähnten Personen Staatsorganen und und auch dem ebenfalls auf Zeit gewählten Bundestag die Legitimation.

Der Pächter eines Landgutes ist für eine bestimmte Zeit zu dessen Bewirtschaftung von dem Eigentümer ermächtigt. Es fehlt ihm aber die Legitimation das Eigentum an dem Landgut ganz oder teilweise an Dritte zu übertragen. Ebenso fehlt ihm die Legitimation seine Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag ganz oder teilweise auf Dritte zu übertragen. Wer dies als Pächter gleichwohl versucht, gilt gemeinhin als Hochstapler. Bekanntlich kann nur der Eigentümer des Landgutes sich seiner Rechte ganz oder teilweise rechtlich wirksam entäußern.

Bei dem Staatsvolk als Souverän der Hoheitsrechte und damit der "Zuständigkeiten" in einem Staat ist es ebenso.
Das hat der Bundestagsabgeordnete Gauweiler in einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht bereits geltend gemacht. Das Gericht hat daraufhin dem Bundespräsidenten aufgegeben, von der Ausfertigung des Gesetzes abzusehen, das der Bundestag schon beschlossen hat und das den Verfassungsvertrag anerkennt .

Es wird also jedenfalls der Verfassungsvertrag in seiner gegenwärtigen Fassungvon dem Verfassungsgericht überprüft werden daraufhin, ob er mit dem Grundgesetz vereinbar ist, obwohl der mündige Bürger nicht entscheiden konnte und auch mit der Wahl des Bundestages niemanden dazu legitimieret hat, Teile der Volkssouveränität (hier Zuständigkeiten genannt) abzutreten. Das Gericht wird hoffentlich auch prüfen, ob das Europäische Parlament, nach dem Verfassungsvertrag zu wählen unter Verletzung des Grundsatzes der gleichen Wahl , trotzdem hinreichend demokratisch legitimiert ist. Nach dem Verfassungsvertrag hat bekanntlich die Wahlstimme eines Bürgers im Staate A mehr Gewicht als die eines Bürgers im Lande B. Das Grundgesetz geht demgegenüber von der Gleichheit aller Wahlstimmen aus und außerdem von der uneingeschränkten Volkssouveränität, mit der Teilabtretungen kaum vereinbar sein dürften.

30. Januar 2007






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