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Braucht die EU eine Verfassung?


22.03.2007 - 21.43 Uhr

50 Jahre EU - ein Erfolg

loewe4 (Pseudonym)

50 Jahre EU sind ein Erfolg: Entstanden in der Nachkriegszeit haben die EGKS, die EAG und die EWG und heute die EU als Zollunion und Wirtschaftsgemeinschaft ihren Mitgliedstaaten Wohlstand beschert und den Frieden bewahrt. Dies ist eine großartige Leistung. Weiter haben die Bürger jenseits des verstärkten Handels zwischen den Mitgliedstaaten z.B. auch durch den Wegfall von Grenzkontrollen im Schengen-Raum und - jedenfalls aus meiner Sicht - auch den Euro profitiert.
Die europäische Verfassung war vor dem Hintergrund der Erweiterung der EU geplant, und zwar zu einem Zeitpunkt vor der letzten Beitrittswelle. Ich habe mir ihren Erfolg gewünscht und hoffe das Ähnliches vielleicht doch noch zustande kommt. Zwar trifft es zu, dass ca 90% der Regelungn der Verfassung bereits heute in den Verträgen enthalten sind. Deren Zusammenfassung zu einem einheitlichen Dokument ist ein überfälliger Schritt würde die Verständlichkeit der Regelungen erhöhen. Jenseits dieses eher technischen Aspekts ist eine Reform der Institutionen überfällig. Insbesondere sollte auch die Binnenstruktur der EU-Organe durch die EU-Verfassung maßvoll angepasst werden, z.B. durch die Stärkung des Mehrheitsprinzips, die Anpassung der Zusammensetzung der Kommission und des Parlaments sowie die Stärkung der Rechte des Parlaments.
Alles dies wäre ein Fortschritt gegenüber dem status quo gewesen. Die gewachsene Zahl der Mitgliedstaaten macht solche Reformschritte nicht einfacher. Ich hoffe dennoch auf das Zustandekommen wenigstens eines Teils dieser Verbesserungen.
Ob man diese unabweisbar notwendige Reform EU-Verfassung oder anders nennt ist wohl eher zweitrangig.
Die EU als Staatenbund, dem die Mitgliedstaaten einzelne Funktionen übertragen, hat ein altbekanntes Legitimationsproblem: Der Rat wird von den (ihrerseits gewählten) Regierungen der Mitgliedsstaaten beschickt und das unmittelbar gewählte EU-Parlament hat eingschränkte Rechte. So hat es nie eine unmittelbare Abstimmung der "EU-Bürger" oder der von diesen direkt gewählten Vertreter über "ihre" EU gegeben.
Eine solche Abstimmung im Hinblick auf eine Verfassung zu fordern ist zumindest der deutschen Tradition fremd, wurde doch z.B. das GG durch den parlamentarischen Rat beschlossen und werden seither Grundgesetzänderungen vom Bundestag beschlossen. Eine Idee für Europa wäre vielleicht, die EU-Bürger entscheiden zu lassen, ob das EU-Parlaments mit dem Entwurf und der Verabschiedung einer Verfassung beauftragt werden soll, die vom Rat und der Kommission mitgetragen werden müsste.
Abschließend meine ich, dass die Fortentwicklung der EU zu einer über die Zoll- und Wirtschaftunion hinausgreifenden (außen-)politischen Union lohnte: Gegenüber den anderen großen Staaten und Staatengemeinschaften (USA, Russland, China) kann eine gestärkte EU mehr Gewicht entwickeln, als jeder einzelne ihrer Mitgliedstaaten. Und zuletzt: Gäbe es den Airbus ohne die EU?




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