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2. Runde: Braucht die EU eine Verfassung?


20.06.2007 - 23.13 Uhr

gemeinsames Interesse reicht eben nicht.

el_crocodilo (Pseudonym)

Ganz genau, Sansiba!:

Die europaischen Staaten arbeiten aufgrund knallharter wirtschaftlicher interessen zusammen. Dagegen ist ja an sich auch nichts einzuwenden, solange die Bürger davon profitieren - was allerdings nicht immer der Fall ist (doch das ist ein anderes Thema).

Um gemeinsname interessen zu verfolgen, würde es aber schon ausreichen, im Rahmen effektiver Rahmenvereinbarungen zusammenzuarbeiten, ohne gleich - wie es jedoch ganz offen angestrebt wird - einen komplettten neuen Superstaat (eine Art neues Römisches Reich) zu errichten.

Was den Einwand von "Der Bär" angeht, so ist seine von ihm gezogene Parallele zu den Rheinländern und Bayern untauglich, das Verhältnis der Völker Europas zueinander zu beschreiben. Denn die deutschen Bundnesländer und Stämme, aus denen sich unser Volk zusammensetzt, haben eine über mehr als 1000 Jahre gemeinsame Geschichte. Die deutsche Sprache und viele kulturelle Elemente, die in ganz Deutschland zum gemeinsamen Gut geworden sind, einen uns. Auch hat es seit 1815 im Volke immer die Sehnsucht nach Einheit gegeben - lange vor der Reichsgründung durch Bismarck. Diese Sehnsucht speiste sich aus einem tiefen Zusammengehörigkeitsgefühl heraus. So wuchs "zusammen, was zusammen gehört", um hier einen Ausruck von Willy Brandt zu gebrauchen.

Die europaische Vereinigung hingegen wird vorallem von den politischen Eliten erstrebt. Dies geschieht, weil sie meinen, so besser gegen China, Indien und die USA bestehen zu können. Außerdem ist der "europäische Gedanke" schon seit langem zur Ideologie geworden, an die viele Politiker zu glauben scheinen, wie an eine Religion.

Die Gemeinsamkeiten der deutschen Bevölkerungsgruppen sind größer als die Unterschiede zwischen ihnen. Niemand kann das ernsthaft leugnen. Trotz aller interner Rivalitäten zwischen den Norddeutschen "Saupreußen" und den Bayern wird auch von diesen keiner ernsthaft bestreiten, dass wir alle ein Volk sind. Es ist daher überfülssig, noch weiter darauf einzugehen.

Die Europäischen Völker - und ich Rede hier von den "Otto Normalverbrauchern", haben hingegen nicht das Gefühl, dass sie "ein Volk" sind. Der Franzose ist stolz auf seine "grande nation" und der Engländer rümpft über die seiner Meinung nach merkwürdigen Eigenheiten der Leute vom "Kontinent" regelmäßig die Nase. Würde man sie beide fragen, ob sie "ein Volk" mit den Deutschen, Rumänen oder Italienern bilden, würden sie verständnislos nur den Kopf schütteln.

Die Einführung des Euro hat auch nicht zu der "gewünschten Identifikation mit Europa" geführt. Der Euro wurde, wie man weiß, gegenn den Willen der deutschen Bevölkerungsmehrheit eingeführt. Ex-Bundeskanzler Kohl äußerte das sogar ausdücklich in einer Sendung des ZDF "Was nun...?" Der Euro war die von Deutschland zu erbringende Gegenleistung für die zugelassene Wiedervereinigung. Frankreich, die Beneluxstaaten und vor allem Südeuropa waren sehr begierig, die starke Deutsche Mark für sich nutbar zu machen und sich dadurch wirtschaftlich zu sanieren. Kein Wunder also, dass viele Völker Europas für die Verfassung stimmten oder vielleicht noch stimmen wollen. Glaubt denn jemand wirklich ernsthaft, dass der Euro auch ohne Deutschland eingeführt worden wäre? Wohl kaum!

Ein voller Magen und ein dickes Konto sind jedoch als Grundlage eines neuen Staates absolut untauglich. Denn wenn der Magen einmal leer und das Guthaben aufgezehrt ist, was bleibt dann noch?

Wenn man nichts hat, was alle Europäer verbindet und sie von anderen westlichen außereuropäischen Ländern unterscheidet, ist kein "Kitt" da, der den neuen Staatsmoloch EU zusammenhält. Er würde sofort auseinanderbrechen. Eine Verfassung macht nur dann Sinn, wenn es auch ein Volk gibt, das in greifbarer Weise zu definieren ist. Ein solches Volk aber existiert nicht.




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