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2. Runde: Wen schützt die EU - Märkte oder Menschen?


25.06.2007 - 18.30 Uhr

Äpfel mit Kieselsteinen vergleichen

Cholsky (Pseudonym)

Auch bei der Diskussion zu Europa über diesen großartigen Radiosender, herrscht das gleiche Drama, wie in allen sonstigen Äußerungen zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Ob pro oder kontra, es wird nicht unterschieden zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus.
Kein Beführworter der im Grunde guten europäischen Idee und kaum ein Mahner oder Kritiker berücksichtigt, dass eine echte Marktwirtschaft eigentlich gar nicht existiert, nicht in Deutschland, nicht in Europa, ja nirgends auf der Welt. Alle Regelungen und alle Überlegungen zu Regelungen, die das ökonomische System betreffen, müssen von vorne herein zum Verhängniss werden, wenn hier nicht endlich die längst überfällige Begriffsklärung nachgeholt wird. Es ist etwa so, als würden wir über die Vorzüge eines Apfels reden, in der Tüte sich aber ein Kieselstein befindet.
Öffnen wir doch einmal die Tüte und schauen hinein: Das gegenwärtig herrschende Wirtschaftssystem stützt sich immer weniger auf die alten klassischen Produktionsfaktoren, die in einer Marktwirtschaft von Bedeutung sind. Klammheimlich und von Politikern, Jounalisten, ja sogar von den Kritikern des Systems nicht bemerkt, ist die Externalisierung von ökologischen und sozialen Kosten, also die Abwälzung von Schadkosten während jeglicher Produktion und Dienstleistung auf die Allgemeinheit und erst Recht auf die nachfolgenden Generationen, zum mit Abstand größten Produktionsfaktor geworden.
Das in der Theorie so wunderbar zum Optimum führende Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage in einer Marktwirtschaft funktioniert aber nur dann, wenn ALLE mit der Produktion verbundenen Kosten, auch die Schadkosten, in den Preis des jeweiligen Produkts oder der Dienstleistung mit einfließen (-bezüglich herkömmlicher Subventionen aller Art beispielsweise herrscht hier Konsens-).
Der Kapitalismus dagegen ist bestrebt, durch intensive Ausweitung des heimlichen Produktionsfaktors -Externalisierung- die Produktpreise zu senken und die Profite zu steigern. Er raubt sich seine lebensnotwendigen Subventionen ungefragt und ganz legal aus der Gegenwartsgesellschaft und aus der Zukunft, und kein konservativer Politiker widerspricht. Die dramatischen Folgen werden als Schicksal angesehen und gar als Grund zum Solidaritätsabbau missbraucht.
Wieso fällt nicht endlich den so eifrig über Europas Zukunft diskutierenden Politikern und JournalistInnen (-von den Unternehmern braucht man dies ja nicht zu erwarten-) dieser alles bestimmende Haken an der Sache auf? (Wenn der Kapitalismus die Addition der Externalisierungsfolgen ist, dann ist die Globalisierung die Multiplikation).
Bevor dieses gigantische ökonomische Missverständnis nicht ins öffentliche Bewusstsein gebracht und voll und ganz berücksichtigt wird, muss jegliche Überlegung zu Europa zwangsläufig gefährliches Wunschdenken bleiben.
Wie wollen wir denn auf diesem kaputten Fundament, welches allein für die Massenarbeitslosigkeit und die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, wie auch für alle Folgeprobleme verantwortlich ist, ein den Menschen in Europa dienliches Gebäude errichten?
Wenn Europa ein schützendes Bollwerk gegen "den Markt" sein soll, gelingt dies nicht in der Rolle eines lächerlichen Regionalrefugiums der gegenwärtig herrschenden Kapitalistischen Planwirtschaft. Europa erlangt seine wahrhafte Existenzberechtigung nur als Verwirklicher einer menschendienlichen Ökonomie.
Allen Europadiskutierern empfehle ich hierzu die Lektüre des Modells der "Kategorischen Marktwirtschaft", wie es die Initiative Zukunftslobby e.V. auf ihrer Website veröffentlicht hat. Dieses leidenschaftliche Plädoyer für die Einführung einer echten marktwirtschaftlichen Ordnung, degradiert so manche Ergüsse sogenannter Experten zum Thema Europa zu bloßer Makulatur und bleibt dabei erfrischend überparteilich und realistisch.
Cholsky




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