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2. Runde: Wen schützt die EU - Märkte oder Menschen?


30.07.2007 - 16.54 Uhr

Menschen und Märkte bedingen sich

LeoLustig (Pseudonym)

Die EU kann nicht Menschen oder Märkte schützen. Menschen machen Märkte, Menschen sind Agitanten in Märkten, Menschen sind Märkte!

Insofern könnte die Frage allenfalls richtigerweise lauten, ob die EU einige, bestimmte Menschen im Gefüge der Märkte stärker schützt als andere. Diese Betrachtung, die sich, wie den übrigen Kommentaren zu entnehmen ist, zumeist auf Einzelfälle bezieht, ist m.E. zu eng gefasst. Viel wichtiger ist es, das große Ganze zu sehen und nicht aus den Augen zu verlieren!

Der Flickenteppich aus Hunderten von Nationalwirtschaften wächst zusammen. Immer mehr Regionen, Zonen und Länder schließen sich in Form von Freihandelszonen und darüberhinausgehenden Gemeinschaften zusammen und stärken so ihre Position gegenüber dem Rest der Welt. So tut es auch die EU. Neben diesen zunehmend erstarkenden Gemeinschaften wachsen mit China und Indien zwei politisch wie wirtschaftlich mächtige Einzelwirtschaften heran, die ihren Anspruch auf Führung zunehmend geltend machen werden. Vor diesen Hintergründen ist es die einzig richtige Strategie, die EU zu erweitern und gleichzeitig die Integration zu verstärken. Nur gemeinsam können wir - trotz unserer sprachlichen, kulturellen und geschichtlichen Barrieren - bestehen und die uns gemeinsamen Werte und Interessen in dieser Welt vertreten. Insofern ist es durchaus berechtigt zu sagen: Die EU ist ein Markt und auch eine Interessen- und Wertegemeinschaft, die die Menschen in dieser Gemeinschaft gegenüber anderen Märkten und deren Interessen schützt.

Ich schüttele den Kopf über sinnlose, bürokratische Verordnungen der EU. Ich fordere Revisionen von falschen Einzelentscheidungen, die Menschen übermäßig benachteiligen (Menschen innerhalb wie außerhalb der EU!). Es fällt mir nicht immer leicht, die genauen Wege von Entscheidungen auf europäischer Ebene nachzuvollziehen. Ich finde es nicht gut, wenn einzelne Abgeordnete und Amtsträger sich unrechtmäßig bereichern. Aber wieso soll es in der EU anders zugehen als in Nationalstaaten, Unternehmen oder der kleinsten sozialen Einheit: der Familie? Menschen machen Fehler und Menschen begehen auch mal Straftaten. Fehler gehören korrigiert und Straftaten bestraft. Aber deshalb kann ich doch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten:

- Die EU sitzt in Form einer Person an vielen Verhandlungstischen dieser Welt.
- Es wird nach einer gemeinsamen Lösung zum Schutz europäischer Unternehmen gegenüber nicht-europäischen Staatsfonds gesucht.
- Gegenüber Russlands Großmachtfantasien hilft kaum ein Mittel mehr als die Osterweiterung der EU.
- Nur der Zusammenhalt innerhalb der EU kann Europa davor bewahren, sich von den USA je nach Belieben in unterschiedliche Läger teilen zu lassen.
- Wohnen, Arbeiten und Einkaufen im Nachbarland - für Millionen von Menschen in der EU inzwischen gelebte Normalität!

Und dann die vielen kleinen Annehmlichkeiten des Alltags:
Ich reise ungehindert durch alle Länder der EU. Geldwechselgebühren - was ist das? Überweisungsgebühren wurden deutlich gesenkt. Franzosen kommen reichlich über den Rhein, um zollfrei Lebensmittel einzukaufen - davon profitiert der deutsche Handel. Deutsche fahren nach Luxemburg, um billig zu tanken. Roaming-Gebühren sind kein Thema mehr - darüber freuen sich alle EU-Pendler wie ich. Wir Europäer haben das größte Flugzeug der Welt gebaut... usw.

Das ist die EU! Das ist das große Ganze! Das sind von der EU und durch die EU geschaffene Marktfreiheiten, von denen wir alle profitieren! Das sind von der EU und durch die EU geschützte Interessen aller europäischen Bürger - ja, wir Europäer haben viele, übergeordnete gemeinsame Interessen! Das gilt es im Auge zu bewahren! Daran weiterzuarbeiten ist unser aller Aufgabe - und die internen Querelen, so leidig und auch dramatisch sie im Einzelfall sein mögen: Die Gesamt-Idee ist es wert, dass wir diese durchstehen!




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