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Braucht die EU eine Verfassung?


03.02.2007 - 00.45 Uhr

Leider stellt sich der Herr Vannahme etwas anderes vor.

J.J.Myers (Pseudonym)

So wäre es "normal": Ein Konvent oder ein Senat, jedenfalls ein möglichst unmittelbar demokratisch legitimiertes Gremium, das sich aus Vertretern aller Mitgliedstaaten zusammen setzt und speziell für diesen Zweck einberufen wird, erarbeitet einen Verfassungs-Entwurf, der in mehreren Lesungen in jedem Parlament ratifiziert und anschließend ALLEN EU-Bürgern gleichzeitig zur Abstimmung vorgelegt wird. Der Ausgang dieses Referendums entscheidet über die Annahme; die Wiedervorlage ein- und desselben Entwurfs ist nicht vorgesehen (und würde den Souverän m.E.verhöhnen).

Herrn Vannahmes Eingangs-Plädoyer (von Herrn Köppel schweige ich lieber) redet jedoch von etwas ganz Anderem: Uns, den juristisch wie wirtschaftlich ungebildeten EU-Bürgern, müsse etwas an die Hand gegeben werden, was wir verstehen und womit wir uns (zwangs?)-identifizieren sollen. Das wird von der Kommission, am besten jedoch von der Bertelsmann-Stiftung unter bewusstem Ausschluss der Öffentlichkeit erarbeitet und ändert nichts, absolut gar nichts an den bestehenden Abkommen von Rom bis Nizza. Speziell soll damit durchgesetzt werden, die EU gemäß der Beschlüsse von Lissabon zum weltweit "dynamischsten Wirtschaftsraum" zu machen; ob unter dieser Dynamik vielleicht 1/10 der Bürger gewinnt und es 9/10 schlechter geht, ist nicht von Wichtigkeit - wie dies zu einer integrativen Weltpolitik passen soll, schon gar nicht.. Außenpolitisch soll als mittelfristiges Ziel eine Art Waffengleichheit mit den USA hergestellt werden - und das, was wir als "Verfassung" geboten bekommen, betoniert diese Beschlüsse aus dem stillen Sitzungszimmer ein.

Registrieren etliche Bürger, was gespielt wird und verweigern sich dieser Entmündigung, so soll ihnen während der aktuellen deutschen Ratspräsidentschaft der alte, zu Recht in Frankreich und den Niederlanden niedergestimmte Artikelverhau wieder untergejubelt werden. Dazu spielt der Deutschlandfunk, als wolle er mit der Identifikations-Show schon einmal beginnen, jeden Abend die "Ode an die Freude".

Wie wäre es, eine Verfassung zu erarbeiten, die diesen Namen auch verdient - und die selbstverständlich ein gerüttelt Maß an Bürger-Engagement voraussetzte? - Nein, Herr Vannahme, ich bin NICHT damit enverstanden, nach dem "Baedeker" der EU-Kommission zu leben. Ja, Herr Vannahme, die Integration nebst Verfassung bietet große Chancen.
Nein, Herr Köppel, eine Freihandelszone reicht keineswegs aus; wobei denn noch zu definieren wäre, ob Agrarsubventionen in Milliardenhöhe denn "Freihandel" darstellten. Ja, Herr Köppel, die EU ist eine Regierung, die versucht, sich ein Staatsvolk zu geben. Allerdings ist die Idee eines "von unten" organisierten EU-Staats erheblich weniger "abgelebt" als Ihre Hanse.




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