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2. Runde: Mit oder ohne gemeinsame Außenpolitik?


08.07.2007 - 10.25 Uhr

Gemeinsame Außenpolitik - Ein Drahtseilakt

el_crocodilo (Pseudonym)

Auch wenn jemand – wie ich – der Freiheit und Eigenständigkeit der EU-Mitgliedsstaaten eindeutig den Vorrang vor einem gemeinsamen Europa gibt, so ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass eine Zusammenarbeit der europäischen Völker auch Vorteile hat.

Einer gemeinsamen EU-Außenpolitik stehe ich zwiespältig gegenüber:

Einerseits ist eine gewisse innereuropäische Abstimmung der Außenpolitik notwendig, um die gemeinsamen Interessen in der Welt außerhalb der EU durchzusetzen, wie z. B. Urheberschutz, Import- und Exportregelungen mit Nicht-EU-Staaten wie den USA, China und Indien oder auch die gemeinsame Regelung der Einwanderung nach Europa (Schengener Abkommen, Asylpolitik). Findet keine gemeinsam abgesprochene Außenpolitik statt, so ist die Folge, dass Billiganbieter den EU-Markt überschwemmen, Ideen aus Europa kopiert werden und jedes Land zu Lasten des anderen seine Einwanderungs- und Asylpolitik betreibt. Dies ist teilweise ja schon heute so – Hedgefonds und Arbeitslose sind nur zwei Beispiele dafür. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie es wäre, wenn es überhaupt keine gemeinsam abgestimmte Außenpolitik gäbe. Auf die Dauer kann kein EU-Land sich der erdrückenden Macht der großen Völker USA, China, Indien oder den Staaten Afrikas allein widersetzen. Das ist eine Tatsache, so sehr man sich auch darüber ärgern mag. Daher ist es durchaus notwendig, sich auf den v. g. Politikfeldern abzustimmen.

Die Gefahr einer gemeinsamen Außenpolitik aber ist, dass – wie alles in der EU – dem Hang zum Zentralismus folgt. Treibt man die gemeinsame Außenpolitik über ein gewisses Maß hinaus voran, so wird es unweigerlich zur Gängelung der Mitgliedsstaaten kommen. Aus einem gemeinsamen Unterstand mit Windfang, wird dann ein Gefängnis. Den EU-Ländern wäre jede Möglichkeit verwehrt, ihre Interessen selbständig in der Welt zu verfolgen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass französische Interessen nicht immer mit den britischen oder den unsrigen etwas zu tun haben. So würde es unserer Wirtschaft gar nichts helfen, wenn Italien in China ein Fiat-Werk bauen würde, wir aber beiseite stünden und unsere Unternehmen aus falsch verstandener EU-Solidarität daran hindern würden, gleiches zu tun.

Wie also sieht die Lösung aus?

Es muss in einem Vertrag – eine Verfassung brauchen wir dafür nicht – genau geregelt sein, wie weit die gemeinsame Außenpolitik der EU gehen soll, was sie umfasst und wo sie endet. Die Außenpolitik kann dann auch weiter von den Einzelstaaten umgesetzt werden. Nur bei Konferenzen und Verhandlungen, bei denen die EU als Ganzes auftritt, sollte der gemeinsame EU-Außenminister – oder wie immer er auch genannt werden mag – den innereuropäischen Verträgen und Absprachen gemäß tätig werden. Wo das gemeinsame Interesse endet und das nationale Interesse der Völker beginnt, muss die Grenze der einheitlichen EU-Außenpolitik sein. Diese zu finden ist natürlich schwer. Sie wird gewiss auch im Laufe der Zeit in die eine und in die andere Richtung verschoben werden. Aber es muss diese Grenze für die gemeinsame Außenpolitik geben, sonst werden die Völker Europas schnell zu Vasallen einer abgehobenen EU-Bürokratie.

Bei der gemeinsamen Außenpolitik ist darauf zu achten, dass Europa seinen Handelspartnern echte und faire Chancen einräumt. Natürlich darf dies nicht so ausarten, dass wir bis zu Selbstaufgabe die Märkte öffnen und dadurch unsere heimische Wirtschaft zerstören, sodass sich unsere Arbeitslosenzahlen noch erhöhen. Andererseits aber müssen die Handelspartner der EU so gute Handelsbedingungen erhalten, dass sie ihrerseits durch uns in nicht noch größere Armut gestürzt werden. Ein Handel unter gleichberechtigten Partnern wird dann auch in Afrika irgendwann den Strom der Wirtschaftsflüchtlinge zum Versiegen bringen und den dortigen Wohlstand mehren. So wichtig Grenzen, Soldaten und Polizei auch sind – ohne einen gerechteren Handel, der keine Bevorzugung darstellt, sondern wirklich gleichstellend ist, wird man das Problem des steten Zustroms von Einwanderern aus Afrika nie Herr werden und die Notwendigkeit zur Entwicklungshilfe würde nie enden. Ein Handel unter Gleichen aber ist besser als jede Entwicklungshilfe. Dafür ist aber notwendig dass die Afrikaner ihre Schwierigkeiten selbst angehen – Korruption, Vetternwirtschaft, Willkür, Analphabetismus usw. Aber das ist ein anderes Thema.




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